Das BMBF strebt mit der Förderrichtlinie die Gründung eines „Forschungsnetzwerks Anonymisierung für eine sichere Datennutzung“ an, um die Verfügbarkeit von Daten zu erhöhen und die Potenziale der Digitalisierung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft stärker zu nutzen.
Digitale Systeme sind heutzutage allgegenwärtig: Smartphones, Smarthomes, Medizintechnik und zunehmend digital vernetzte Fahrzeuge sind nur einige Beispiele. Der moderne Alltag ist ohne digitale Systeme aller Art kaum mehr vorstellbar. Beim Betrieb all dieser Systeme fallen umfangreiche Daten an, die vielfältige Nutzungsmöglichkeiten erlauben. Basierend auf der maschinellen Auswertung von Kunden-, Geschäfts- und Prozessdaten bestücken Supermärkte ihr Sortiment, optimieren Spediteure ihre Touren, werden Energienetze effizienter ausgelastet und Industrieanlagen effektiver gewartet. Durch die Auswertung von Daten wird die Verkehrsplanung und -steuerung verbessert, autonomes Fahren ermöglicht und eine individuelle Gesundheitsversorgung unterstützt. Kurzum: Daten bilden die Grundlage der digitalen Gesellschaft; sie fallen überall an und ermöglichen immer mehr digitale Dienste und datengetriebene Geschäftsmodelle.
Die COVID-19-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wertvoll Daten als Handlungsgrundlage für das Krisenmanagement sind, dass aber auch Datensicherheit und Datenschutz wesentlich sind, gerade mit Blick auf personenbeziehbare, vertrauliche Daten wie Patientendaten. Das Spannungsfeld zwischen Datennutzung und Datenschutz führt aktuell dazu, dass das Potential der Digitalisierung und darauf aufbauender Anwendungen, Dienste und Geschäftsmodelle in Deutschland noch nicht umfassend genutzt wird. Abhilfe versprechen hier insbesondere technische Lösungen der Depersonalisierung und Anonymisierung, die einen missbrauchs- und rechtssicheren Datenschutz gewährleisten und das Teilen von Daten vereinfachen und befördern.
Mit dem Ziel, die Verfügbarkeit von Daten zu erhöhen und die Potenziale der Digitalisierung in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft stärker zu nutzen, strebt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit der vorliegenden Förderrichtlinie die Gründung eines „Forschungsnetzwerks Anonymisierung für eine sichere Datennutzung“ an. Kernaufgabe des Forschungsnetzwerks wird die umfassende Erforschung von Technologien, Verfahren und Methoden zur Anonymisierung bzw. Depersonalisierung personenbeziehbarer Daten sowie die Entwicklung und Erprobung dazugehöriger Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Darüber hinaus sollen Wirtschaft und Verwaltung bei Fragen der Anonymisierung und Depersonalisierung von personenbeziehbaren Daten technisch-fachlich beraten und Anreize zum Datenteilen gesetzt werden.
Die Fördermaßnahme soll in Übereinstimmung mit der Datenstrategie der Bundesregierung das datenschutzkonforme Teilen von Daten erleichtern; Indikator hierfür ist die Menge datenschutzkonform geteilter Daten. Weiterhin soll durch die Fördermaßnahme ein konjunktureller Impuls gesetzt werden; Indikator hierfür sind das Wachstum von datenbasierten Dienstleistungen und Geschäftsmodellen sowie das Wachstum durch sekundäre Effekte, wie Effizienzgewinne, der Datennutzung.
Zweck der Zuwendung ist es, innerhalb einer dem Vorhaben angemessenen Projektlaufzeit von typischerweise drei Jahren, neue tragfähige Technologien, Verfahren und Methoden zur Anonymisierung bzw. Depersonalisierung von personenbeziehbaren Daten sowie dazugehörige Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln, zu verbessern und zu erproben. Dabei ist eine dem Vorhaben angemessene Methodik zu verwenden. Die im Vorhaben erzielten Ergebnisse sind geeignet zu evaluieren, zu bewerten und für die weitere Verwertung vorzubereiten. Mittel- bis langfristig soll ein Standortvorteil für Deutschland und Europa erreicht und die hiesige traditionelle Sensibilisierung für Themen wie Datenschutz und Erhalt der Privatsphäre positiv für wirtschaftliches Wachstum genutzt werden.
Die Fördermaßnahme ist Teil des Forschungsrahmenprogramms der Bundesregierung zur IT-Sicherheit „Digital. Sicher. Souverän.“ . Sie trägt insbesondere zur Umsetzung der strategischen Ziele „Daten und Know-how: geschützt und nutzbar“, „Privatheit und Datenschutz: selbstbestimmt und innovativ“ sowie „Innovation und Transfer: weltspitze und zukunftssicher“ bei.
Im Rahmen dieser Maßnahme werden sowohl Kompetenzcluster (siehe 2.1 Kompetenzcluster Anonymisierung) als auch einzelne Forschungsprojekte (siehe 2.2 Forschungsprojekte Anonymisierung) gefördert.
Zur Etablierung datenschutzkonformer Lösungen zum Datenteilen, die auf anonymisierten bzw. depersonalisierten Daten beruhen, müssen neuartige Technologien entwickelt werden. Damit einhergehend muss sich aber auch die Nutzung der Technologien ändern und müssen neue Geschäfts- und Finanzierungsmodelle, Arbeitsweisen und Organisationsformen entstehen.
Die Kompetenzcluster sollen sich dadurch auszeichnen, dass sie alle relevanten Stakeholder partizipativ einbinden und die Forschung und Entwicklung in realen oder realitätsnahen Nutzungssituationen ermöglichen. Sie sollen so einen ganzheitlichen Blick auf den realen Kontext ermöglichen und Forschende, Unternehmen, Verbände und Nutzende unter einem Dach zusammenbringen. Durch den lebendigen Austausch aller Beteiligten im realen Umfeld wird es möglich, Erkenntnisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu sammeln und darauf aufbauend neue Konzepte zu entwickeln und unter Realbedingungen zu erproben.
Im Rahmen der Fördermaßnahme sollen voraussichtlich fünf Kompetenzcluster mit jeweils spezifischem thematischem Schwerpunkt gefördert werden. Die Kompetenzcluster sollen einen dynamischen und bedarfsorientierten Ansatz verfolgen, einen stark vernetzenden Charakter haben und insbesondere für die Verstetigung und Verbreitung von Technologien und Know-how zur Depersonalisierung und Anonymisierung sorgen. Dabei sollen Netzwerke mit regionalem Fokus entstehen, die bereits vorhandene Stärken der Region aufgreifen. Schwerpunktspezifisches Wissen soll so aufgebaut, gesammelt und weitergegeben, aber auch im Rahmen von Vernetzungsformaten überregional geteilt werden.
Die Kompetenzcluster sollen im Bereich:
Die Kooperation mit ca. 3-5 thematisch passenden Forschungsprojekten (siehe 2.2) ist verpflichtend. An jedem Kompetenzcluster sind halbjährliche öffentliche Vernetzungs- und Informationsveranstaltungen vorzusehen, an welchen neben den Projektbeteiligten auch die interessierte Fachöffentlichkeit auf geeignete Weise teilnehmen kann. Zwei Mitarbeitende jedes Kompetenzclusters sind in einen Lenkungsausschuss zu entsenden. Hierfür sind entsprechende Ressourcen in Form von Personenmonaten und Reisekosten sowie ggf. Sachkosten bereits in der Skizze vorzusehen. Eines der Kompetenzcluster wird, unter Zurverfügungstellung zusätzlicher finanzieller Mittel, zur Durchführung von insgesamt zwei Gesamtkonferenzen, etwa zur Mitte und am Ende der Laufzeit ausgewählt. Ein Hinweis zur Bereitschaft der Übernahme dieser Aufgabe in der Skizze ist erwünscht. Die restlichen Cluster sind zur Teilnahme an den beiden Konferenzen verpflichtet. Hierfür sind entsprechende Ressourcen in Form von Personenmonaten und Reisekosten sowie ggf. Sachkosten bereits in der Skizze vorzusehen.
Im Sinne einer umfassenden Förderstrategie sollen zusätzlich Forschungsprojekte gefördert werden, die neben den thematisch fokussierten Kompetenzclustern für eine Aufweitung des Forschungsfokus sorgen und so zu einem ganzheitlichen Blick auf den Fördergegenstand beitragen.
Gegenstand der Förderung sind innovative und risikobehaftete vorwettbewerbliche Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Gefördert werden Vorhaben aus dem Bereich der Forschung zur Anonymisierung bzw. Depersonalisierung von personenbeziehbaren Daten mit dem Ziel, innovative und effiziente neue Verfahren, Methoden zu entwickeln, um die datenschutzkonforme, anonymisierte Bereitstellung und Nutzung von Daten zu fördern. Diese Verfahren und Methoden sollen jeweils als Grundlage für neue innovative datenintensive bzw. datengetriebene Anwendungen, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle dienen oder bestehende Dienstleistungen und Geschäftsmodelle signifikant verbessern. Im Sinne der Vergleichbarkeit und Effizienz sind Privacy-Metriken oder Privacy-Garantien zu berücksichtigen. Die Vorhaben sollen entlang eines konkreten Anwendungsfalls die vollständige Wertschöpfungskette von der Erhebung über die Speicherung und Nutzung bis zur Weitergabe von Daten abdecken. Darüber hinaus können Forschungsvorhaben eingereicht werden, die ein automatisiertes Monitoring sowie automatisierte Auswertungen des Standes der Forschung und Technik im Bereich der Anonymisierung bzw. Depersonalisierung zum Gegenstand haben. Die Konsortien sollen die hierfür notwendige Expertise und Erfahrungen insbesondere durch eine Kombination aus wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Partnern abdecken.
Die Kooperation der Forschungsprojekte mit einem thematisch verwandten Kompetenzcluster ist verpflichtend. Die Teilnahme an mindestens einem Austauschformat pro Projektjahr sowie den beiden Gesamtkonferenzen der Kompetenzcluster ist einzuplanen. Hierfür sind entsprechende Ressourcen in Form von Personal- und Reisekosten sowie ggf. Sachkosten bereits in der Skizze vorzusehen. Die Kompetenzcluster sind über wesentliche Projektfortschritte und -ergebnisse zu informieren.