Privatheit und informationelle Selbstbestimmung in der digitalen Arbeitswelt

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung beabsichtigt , neue Ansätze und Lösungen zu fördern, die dazu beitragen, den Beschäftigtendatenschutz im digitalen Wandel auf einem hohen Niveau zu halten und zugleich den technologischen Fortschritt für die Gestaltung der Arbeitswelt zu nutzen.

Großraumbüro
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Zuwendungszweck

Digitale Technologien gestalten die Arbeitswelt effizienter und flexibler und schaffen neue Freiräume für neue Arbeitsstrukturen und -formen. Um diese Vorteile der digitalen Arbeitswelt zu nutzen und zugleich die Sicherheit zu gewährleisten, erfassen Arbeitgeber immer mehr Prozesse und Aktivitäten ihrer Beschäftigten. Auf diese Weise entsteht eine Datenflut, die es erlaubt, Informationen wie Leistungen, Verhaltensweisen und Gewohnheiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuleiten. Die Grenzen zwischen gesetzeskonformer Erfassung und Auswertung von Daten hin zur Überwachung verwischen zunehmend.

Hier müssen klare Schutzmechanismen greifen, damit die Chancen, die Big Data und digitale Arbeitsprozesse mit sich bringen, nicht zu Lasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen. Gefordert sind neue technische Lösungen, welche die unternehmerisch notwendigen Datenanalysen und den Schutz der Beschäftigten miteinander in Einklang bringen. Denn zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung digitaler Arbeitsabläufe ist die Akzeptanz der Beschäftigten. Unverzichtbare Basis ist hierfür der Schutz der Persönlichkeitsrechte, die informationelle Selbstbestimmung und das Vertrauen in den Datenschutz.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt daher, neue Ansätze und Lösungen zu fördern, die dazu beitragen, den Beschäftigtendatenschutz im digitalen Wandel auf einem hohen Niveau zu halten und zugleich den technologischen Fortschritt für die Gestaltung der Arbeitswelt zu nutzen.

Die Fördermaßnahme erfolgt im Forschungsrahmenprogramm der Bundesregierung zur IT-Sicherheit „Selbstbestimmt und sicher in der digitalen Welt“. Die Fördermaßnahme trägt zur Umsetzung der im Programm enthaltenen Maßnahme bei, innovative Lösungen zu schaffen, die die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger wie Persönlichkeitsrecht, Privatsphäre und Schutz der informationellen Selbstbestimmung wahren.

Gegenstand der Förderung

Den Gegenstand der Förderung bilden innovative Konzepte und Lösungen für die Umsetzung privatheitsfreundlicher, digitaler Arbeitsprozesse. Im Fokus stehen Aspekte der Arbeitsorganisation.

Beschäftigtendaten dienen demnach der Verbesserung von Arbeitsabläufen und Steigerung unternehmerischer Effizienz, werden aber auch für die Leistungs-, Qualitäts- und Erfolgskontrolle genutzt. Beides ist kaum voneinander zu trennen. Der Beschäftigtendatenschutz steht dabei in einem Spannungsverhältnis zu den unternehmerischen Interessen.

Eine wirksame Methode zur direkten Umsetzung datenschutzrechtlicher Anforderungen liegt in einer technischen Gestaltung, die den Prinzipien der Datenvermeidung und Datensparsamkeit folgt. Da die elektronische Datenverarbeitung für den Geschäftsbetrieb üblicherweise bereits existiert, kommt eine Neuausstattung mit privatheitsfreundlichen Systemen oft nicht infrage. Neben neuen Realisierungsvarianten für den technikgestützten Datenschutz bedarf es deshalb auch Konzepte für den Umgang mit Altsystemen, die den Anforderungen eines modernen Beschäftigtendatenschutzes noch nicht entsprechen.
Gefördert werden FuE-Vorhaben mit dem Ziel privatheitsfreundlicher Ansätze und Technologien zur Führung und dezentralen Steuerung von Unternehmen. Mögliche Ängste und notwendige Rahmenbedingungen für eine höhere Akzeptanz von Datenanalyseverfahren seitens der Beschäftigten sind dabei zu berücksichtigen. Förderfähig sind zum Beispiel folgende Aspekte:

  • Konzepte und Systeme zur Schaffung von
    a) Transparenz über betriebliche Datenverarbeitungsvorgänge (z. B. über Quellen und Verknüpfung von Daten, Zweckbindung),

    b) Korrektur- und Mitbestimmungsmöglichkeiten, insbesondere bei automatisierten algorithmischen Entscheidungen (z. B. Bewertung der Datenrichtigkeit) und

    c) einer organisationsweiten Vertrauens- und Arbeitskultur,
  • technisch unterstützte Ansätze für die Selbstbewertung des Beschäftigtendatenschutzes und zur Schaffung einer besseren Vergleichbarkeit zwischen den Unternehmen,
  • Konzepte und Systeme zum Schutz von Persönlichkeitsrechten in Grenzbereichen von Arbeits- und Privatleben (z. B. bei mobiler Arbeit) und Ausbalancieren von Zielkonflikten hinsichtlich Privatheit, Reputation und Nachweispflichten bei neuen Arbeitsformen (z. B. beim „Crowd Working“ und in der Plattformökonomie),
  • Konzepte für den Umgang mit Altsystemen und die Umsetzung privatheitsfreundlicher Arbeitsprozesse in bestehenden IT-Infrastrukturen (z. B. durch Nachrüstung von Anonymisierungsfiltern),
  • Konzepte und praxistaugliche Realisierungsvarianten für den technikgestützten Beschäftigtendatenschutz (Stichwort „Privacy by Design“).

Die Projektvorschläge müssen deutlich über den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik hinausgehen, um für die Zukunft eine entscheidende Verbesserung zum Schutz der Beschäftigten zu erreichen. Sie müssen klare Vorteile gegenüber bereits vorhandenen Lösungen aufweisen.

Die Überführung in konkrete Anwendungsszenarien sollte durch die Einbindung von Arbeitgebern, Arbeitnehmervertretungen und Nutzern sichergestellt werden. Dabei sollen auch mögliche finanzielle und strukturelle Umsetzungsbarrieren bei der betrieblichen Umsetzung der Sicherheitsmechanismen identifiziert und berücksichtigt werden. Daneben gilt es zu bewerten, welchen konkreten Zugewinn die Nutzung und Analyse von Beschäftigtendaten bereitstellt. Dem Ausgleich zwischen den Interessen von Beschäftigten und Arbeitgebern kommt eine besondere Bedeutung zu.
Privatheit und informationelle Selbstbestimmung in der digitalen Arbeitswelt benötigen eine solide rechtliche Grundlage. Die FuE-Vorhaben sollten daher grundsätzlich die rechtlichen Querschnittsfragen mitberücksichtigen. Im Förderinteresse steht die Erarbeitung anwendungsbezogener, rechtlicher Maßstäbe, Prinzipien und Grundsätze, auch unter Einbezug internationaler Erfahrungen und Beispiele guter Praxis.
Im Rahmen der Bekanntmachung werden vorzugsweise interdisziplinäre Verbünde, in begründeten Ausnahmefällen auch wissenschaftliche Einzelvorhaben, gefördert, die nachweisbare Kompetenzen in den Sozial-, Ingenieur-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften aufweisen.