ReICOvAir

Standard und Testsystem zur Bewertung der Zuverlässigkeit von Funksystemen für Industrie 4.0

Mann prüft Kommunikationssystem
Drahtlose Kommunikationssysteme werden auf Eignung für Industrie 4.0 geprüft. © Fraunhofer IIS

Motivation

Industrie 4.0 basiert wesentlich auf der digitalen Vernetzung von Komponenten der industriellen Produktion. Für die produzierende Industrie ist es in Bezug auf Flexibilität und Kosten der Installation vorteilhaft, die Vernetzung funkbasiert statt kabelgebunden vorzunehmen. Insbesondere bei beweglichen Komponenten (z. B. Robotern oder Transportwagen) gibt es zu Funksystemen kaum Alternativen. Funkkommunikation hat jedoch auch Nachteile: Sie ist empfindlicher gegenüber Störeinflüssen. Fehlerraten, Übertragungszeiten und Bandbreiten sind schwerer zu garantieren. Sporadische Netzstörungen von wenigen Sekunden sind im Büro- oder Heimbereich meist tragbar – in der Produktion, wo auf ein kritisches Ereignis oft sofort reagiert werden muss, möglicher Weise katastrophal. Doch welcher Funkstandard und welches Funksystem sind für welche industrielle Anwendung am besten geeignet und können die jeweiligen technischen Anforderungen auch garantieren? Sicherheit kann hier nur die Verifizierung durch ein standardisiertes Validierungs- und Bewertungssystem liefern. Obwohl die Forschung zur Netzwerkplanung und zur Abschätzung von Verbindungsqualitäten schon viel geleistet hat, existiert noch kein solches System.

Ziele und Vorgehen

Im Projekt ReICOvAir sollen entsprechende Methoden und Werkzeuge zur Verifizierung entwickelt, standardisiert und in eine umfassende Software- und Hardware-Testumgebung integriert werden. Ausgangspunkt hierfür ist das existierende Funkkanalmodell „QuaDRiGa“. Im Projekt ReICOvAir soll es von den beiden beteiligten Fraunhofer-Instituten nach umfangreichen Messdaten-Erfassungs- und Auswertungsprozessen auf die Anforderungen industrieller Umgebungen hin weiterentwickelt werden. Die vier anderen Projektpartner werden darauf aufbauend hardware- und softwarebasierte Mess- und Testsysteme erstellen, erproben und bewerten. Diese sollen dann belastbare Aussagen über die Eignung von Funkstandards und konkreten Funksystemen für den Einsatz im Kontext der Industrie 4.0 und des industriellen Internets der Dinge liefern können. 

Innovationen und Perspektiven

Das mathematische Modell „QuaDRiGa“ ist eine Basis für die rechnerbasierte Simulation von Funkausbreitungskanälen. Es wurde am Heinrich-Hertz-Institut und dem Institut für Integrierte Schaltungen der Fraunhofer-Gesellschaft in einem Forschungsprojekt der Europäischen Raumfahrtagentur entwickelt und vor zwei Jahren als Open-Source-Bibliothek veröffentlicht. Nach der Erforschung und Implementierung der Industrie-4.0-spezifischen Erweiterungen werden die zu entwickelnden hardware- und softwarebasierte Mess- und Testsysteme darauf aufbauen. Damit werden sie unter anderem befähigt, auch gleichzeitig mobile Sender- und Empfängerpaare zu berücksichtigen. Zudem können Störeinflüsse durch andere Funkdienste in der Nachbarschaft und örtliche Hindernisse, die Funkwellen abschirmen oder reflektieren können, beachtet. Die drei beteiligten KMU werden die Projektergebnisse nach Projektabschluss in innovativen Messsystemen und damit möglichen Messdienstleistungen kommerziell verwerten. 

Die im Projekt zu entwickelnden Standards für das Bewertungssystem und die Testfälle sollen soweit möglich bei europäischen Standardisierungsgremien eingereicht werden.

ReICOvAir wurde in der EUREKA-Projektinitiative CELTIC-Plus als transnationaler Verbund mit deutschen, finnischen und spanischen Partnern aufgestellt. Das BMBF fördert den deutschen Teilverbund. Der internationale Kontext von ReICOvAir begünstigt die Erfolgsaussichten beim Abbau von Hemmschwellen des Einsatzes drahtloser Kommunikation in der Industrie.