Gemeinsam für Privatheit im vernetzten Zuhause
Viele Menschen versprechen sich von sogenannten „Smart Homes“ mehr Sicherheit, Komfort und Effizienz im Alltag. In verschiedenen, miteinander vernetzten Gegenständen oder Anwendungen werden über Sensoren Daten wie beispielsweise Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Helligkeit oder Bewegung erhoben, gespeichert und verarbeitet. Die Sensoren werden von den Bewohnern oder von Dritten (wie Vermietern, Verwandten) in den Wohnungen installiert oder sind in Haushaltsgeräten und Alltagsgegenständen integriert. Smarte Geräte erfassen Daten über Video oder Audio, wie etwa „intelligente Lautsprecher“. Dies birgt aber auch Risiken und Implikationen, wie Möglichkeiten zur unbemerkten Überwachung. Solche Geräte und Anwendungen werden in Fachkreisen zunehmend kritisch thematisiert, auch und vor allem hinsichtlich der Gewährleistung von Privatheit. Im öffentlichen Diskurs hingegen mangelt es derzeit häufig noch an Problembewusstsein und Verständnis für die Risiken und Implikationen, die die Erhebung von Sensordaten beinhaltet.
Im Vorhaben „Implikationen von Sensordaten für Privatheit im Zuhause“ (Simplications) erforscht ein interdisziplinäres Team aus Techniksoziologie, Informatik, Design und Medienbildung die Auswirkungen dieser Form von Datenverarbeitung auf die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer. In einem partizipativen Prozess werden die Erfahrungen und Anforderungen der Nutzenden mit einbezogen. Zudem sollen Medien und Interventionen zur digitalen Bildung gestaltet und eingesetzt werden, die zu einer informierten Gestaltung und Nutzung von Sensordatenanwendungen in den eigenen vier Wänden beitragen. Diesen kombinierten Ansatz aus partizipativer Forschung und Gestaltung von Bildungsangeboten, die über zivilgesellschaftliche Organisationen in die Gesellschaft getragen werden sollen, bezeichnet der Verbund als „Privacy by Co-Design“. Er fügt damit dem etablierten „Privacy by Design“ das Element der Partizipation hinzu. Die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer sollen dazu in allen Projektphasen eingebunden werden, damit der unmittelbare lebensweltliche Bezug zu den unterschiedlich situierten Formen von Privatheit im Zuhause gegeben ist. Vorstudien der Verbundpartner haben gezeigt, dass relevante Problemstellungen nur aus der Praxis heraus entdeckt und bearbeitet werden können. Nur so zeigen sich auch abweichende, nicht-intendierte Nutzungen bis hin zum potenziellen Missbrauch.
Der innovative Ansatz „Privacy by Co-Design“ verspricht durch die gemeinsam entwickelten Informations- und Bildungsangebote einen hohen Nutzen für die Verbraucherbildung. Die Forschungsergebnisse sollen zur Entwicklung fairer, verantwortungsbewusster Technologien für das Internet der Dinge sowie für eine nutzerfreundliche Digitalpolitik verwendet werden. Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger in die Lage zu versetzen, einen informierten Diskurs über Gefahren für ihre Privatheit im Smart Home zu führen und entsprechende Entscheidungen für den eigenen Gebrauch zu treffen. Perspektivisch können die Ergebnisse auch für Hersteller smarter Technik nützlich sein, wenn diese das Marktpotenzial von Geräten und Diensten erkennen, die die Privatheit ihrer Kunden wertschätzen.