Quantenkommunikation kann ein neues Maß an Sicherheit bei der Datenübertragung Wirklichkeit werden lassen. Wie in keinem Jahr zuvor hat die Forschung zur Quantenkommunikation in 2024 die Laborumgebung verlassen und reale Anwendungsfälle demonstriert: vom ersten deutschen Kleinstsatelliten, über ein Metropolnetzwerk bis hin zu einer Pionierstrecke quer durch Deutschland.
In der heutigen Informationsgesellschaft basieren gängige Verschlüsselungsverfahren auf für klassische Computer schwer zu lösenden mathematischen Problemen. Es besteht die Gefahr, dass diese Verschlüsselungstechnologien mit der immensen Rechenleistung von Quantencomputern in naher Zukunft überwunden werden. Ein vielversprechender technologischer Ansatz, diese Aufgabe und Herausforderung zu lösen, ist die Quantenkommunikation. Sie ist daher ein wichtiger Baustein künftiger Cybersicherheit. Die Forschungsförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) stellt hierfür die Weichen.
Ein erfolgreicher Schritt in diese Richtung ist der am 16. August 2024 geglückte Raketenstart mit Deutschlands erstem Kleinstsatelliten zur Erforschung der Quantenkommunikation. Im zugrunde liegenden Verbundprojekt QUBE arbeiten Forschende und Unternehmen gemeinsam an der Erforschung und Entwicklung weltraumtauglicher Technik für die Quantenkommunikation.
Das Besondere: Alle entwickelten Bauteile sind miniaturisiert. Der QUBE-Satellit ist so klein wie ein Schuhkarton und wiegt nur rund 3,5 Kilogramm. Mit Hilfe mehrerer solcher, vergleichsweise niedrigpreisiger Kleinstsatelliten, sogenannter Cube-Sats, können kostengünstig globale Netze zur Schlüsselverteilung entstehen, um weltweit sichere Kommunikationswege aufzubauen.
Mittlerweile wurden vom QUBE-Kontrollzentrum des Zentrums für Telematik e.V. in Würzburg aus alle Module des Satelliten schrittweise und erfolgreich in Betrieb genommen. Die Quantensignale werden von der Bodenstation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen empfangen und von den Forschenden an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen ausgewertet.
Im Jahr 2021 gelang es Forschenden der vom BMBF geförderten Initiative QuNET, in Bonn die erste quantengesicherte Videokonferenz zwischen zwei Bundesbehörden zu ermöglichen: dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie und dem BMBF. Die Entfernung zwischen den beiden Gebäuden betrug damals nur wenige hundert Meter. Im September 2024 hat die QuNET-Initiative einen weiteren Meilenstein erreicht: Erstmals und sechs Wochen lang haben Forschende ein Metropolnetzwerk der Quantenkommunikation im Großraum Berlin erprobt. Im Schlüsselexperiment 2 haben die QuNET-Forschenden die neuesten Versionen ihrer quantenkryptographischen Übertragungssysteme über 125 Kilometer Glasfaser- und Freistrahlverbindungen zu einem komplexen Netzwerk mit sechs Knotenpunkten miteinander verbunden.
Das Besondere: Die Forschenden haben gezeigt, wie zukünftig die hochsichere behördliche Kommunikation in einem komplexen Netzwerk mit mehreren Teilnehmenden gelingen kann. Dabei diente die Übertragung von beispielhaften Ausweisdaten zwischen verschiedenen simulierten Behörden sowie Bürgerinnen und Bürgern als Anwendungsfall für die Demonstration. Mit diesem Experiment in realer Umgebung sind die Forschenden ihrem Ziel nähergekommen, die physikalisch-technologischen Grundlagen eines künftigen Quantenkommunikationsnetzes zu erforschen sowie die hierfür benötigten Konzepte, Komponenten und Systeme zu verifizieren.
Und der nächste Schritt der QuNET-Initiative ist bereits für das kommende Jahr 2025 terminiert: Im Rahmen des dritten Schlüsselexperiments wird die Anbindung von mobilen Knoten an das Quantenkommunikationsnetz demonstriert. Dazu werden die QuNET-Forschenden ihre quantenoptischen Übertragungssysteme in ein Flugzeug, eine Dornier 228, integrieren und in Flugexperimenten Quantenschlüssel zu einer Bodenstation senden.
Kurz nach dem geglückten Schlüsselexperiment 2 von QuNET konnte auch das Projekt DemoQuanDT einen beeindruckenden Entwicklungsschritt vermelden: Am 21. November 2024 ist eine Teststrecke für quantenverschlüsselte Datenkommunikation zwischen Berlin und Bonn erprobt und demonstriert worden.
Das Besondere: Die Strecke ist im Netz der Deutschen Telekom realisiert worden und dient der Entwicklung von Lösungen für herstellerunabhängige Quantenschlüsselübertragung über lange Distanzen. Diese angestrebte Schlüsselübertragung verfolgt das Ziel, unabhängig von der Wahl der Geräte oder eines Herstellers zu funktionieren. Dies bewirkt auch bei der Beschaffung von Bauteilen und beim Einsatz der Komponenten mehr Resilienz.
Zudem verbindet das Vorhaben DemoQuanDT in einem komplexen Schlüssel- und Netzwerkmanagement Elemente aus der Quantenkommunikation und der Post-Quanten-Kryptographie. Die erfolgreiche Demonstration unter praxisnahen Bedingungen ist nicht nur ein wichtiger Meilenstein für das vom BMBF geförderte Projekt. Die Teststrecke steht gleichfalls beispielhaft für die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft bei der Erforschung der Quantenkommunikation. Im Projekt arbeiten Netzbetreiber, Hochschulen und Hersteller entsprechender Hard- und Software zusammen. So tragen alle Projektpartner aktiv zum Know-how-Transfer zwischen Forschungseinrichtungen und Herstellern bei, der gerade auch für den Ausbau und die Stärkung des Innovationsökosystems der Quantenkommunikation in Deutschland so wichtig ist.
Die langreichweitige Trusted-Node-Strecke nutzt bestehende Glasfaserleitungen und reguläre Betriebsstellen der Deutschen Telekom. Alle erforderlichen Komponenten und Prozesse von verschiedenen Herstellern kommen bei dem praktischen Betrieb in einer realen Umgebung zum Einsatz. Bei einer Trusted Node Strecke befinden sich an jedem Standort, der kein Endknoten ist, jeweils ein Sender- und Empfängergerät, die zusammen einen Trusted Node bilden. Solche Trusted-Node-Strecken wie die von DemoQuanDT können künftig auch Mehrbenutzernetzwerke in heterogenen, urbanen Umgebungen verbinden.
Im Oktober 2024 fand in Berlin das „Forum für Quantenkommunikation“ im Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut statt. Rund 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Forschung, Wirtschaft und Politik nahmen daran teil. Aus Sicht aller Teilnehmenden besteht aktuell die einmalige Chance, die internationale Spitzenposition Deutschlands bei der Forschung der Quantenkommunikation zu nutzen, um diesen in naher Zukunft in wirtschaftlichen Erfolg umzumünzen. Auch dank der frühzeitigen und wirksamen Förderung des BMBF ist es bereits gelungen, zahlreiche Startups, KMU und große Unternehmen aktiv in die Forschungsaktivitäten einzubinden. Eine profilierte Industrie in diesem Sektor ermöglicht die aktive Mitgestaltung europäischer Netzwerke und globaler Standards.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die feierliche Übergabe des Impulspapiers „Quantenkommunikation für sichere digitale Infrastrukturen” der Forschungscommunity an das BMBF. Das von den BMBF-geförderten Verbünden QuNET, QR.X und SQuaD sowie dem Deutschen Industrieverbund für Quantensicherheit (DIVQSec) gemeinschaftlich erstellte Dokument unterstreicht die entscheidende Bedeutung der Quantenkommunikation nicht nur für sichere digitale Infrastrukturen, sondern auch für den Schutz sensibler Daten in einer zunehmend digitalisierten Welt. Es skizziert den notwendigen Forschungsbedarf, um den Transfer der Quantenkommunikationstechnologie in die Anwendung weiter voranzutreiben.
Einen Monat später, im November, traf sich die deutsche Forschungscommunity beim internationalen Symposium der Quantenkommunikation. Das Event, ausgerichtet vom BMBF geförderten Schirmprojekt Quantenkommunikation Deutschland (SQuaD), diente der weiteren persönlichen Vernetzung und des Austauschs aller in Deutschland tätigen Akteure aus den Bereichen Forschung und Entwicklung. Vertreterinnen und Vertreter von großen Forschungsinitiativen und -projekten aus Italien, Polen, Österreich und den Niederlanden sowie ein Repräsentant der EU-Initiative für Quantenkommunikation suchten vor Ort ebenfalls den persönlichen Kontakt. Hervorzuheben sind die vielfältigen Beiträge von Unternehmen, die sich im Rahmen von Vorträgen und einer Industrieausstellung engagierten. Aber auch Studierende und wissenschaftliche Mitarbeitende konnten Details ihrer Forschungsarbeit aus aktuellen Master- und Doktorarbeiten präsentieren und mit den Teilnehmenden diskutieren.