IT-Sicherheit für die Industrie 4.0

Rede von Herrn Prof. Dr. Wolf-Dieter Lukas, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Bildung und Forschung, zur Eröffnung der Abschlusskonferenz des Nationalen Referenzprojekts „IT-Sicherheit in Industrie 4.0 – IUNO“ am Donnerstag, 27. September 2018 in Berlin. (Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Herr Esslinger, Sehr geehrter Herr Glatz, meine sehr geehrten Damen und Herren,

Ich darf Sie herzlich begrüßen an einem für die Industrie in Deutschland historischen Ort. Das ewerk ist das älteste erhaltene Bauwerk der kommerziellen Stromerzeugung in Deutschland. Hier entstand der Weltkonzern AEG. Und hier nahm die industrielle Revolution durch die flächendeckende Elektrifizierung ihren Lauf.

Heute – über 120 Jahre später – befinden wir uns wieder in einer technischen Revolution. Wir sprechen vom Eintritt des Internets in die industrielle Produktion, wir sprechen von der Industrie 4.0. Politik, Wissenschaft und Wirtschaft haben gemeinsam diesen Begriff geprägt, um zielgerichtet die für den digitalen Transformationsprozess der Industrie erforderlichen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten anzustoßen. Ein Ergebnis dieses Prozesses ist das Nationale Referenzprojekt zur IT-Sicherheit in der Industrie 4.0. Auch hier haben Politik, Wissenschaft und Wirtschaft erfolgreich zusammengearbeitet, um den besonderen Sicherheits­herausforderungen zu begegnen, die mit Digitalisierung der industriellen Fertigung verbunden sind.

Durch den Einsatz neuer Informations- und Kommunikations­technologien heben wir die industrielle Fertigung auf eine neue Stufe. Es sind heute Maschinen, die miteinander kommunizieren. Sie informieren sich gegenseitig über Fehler im Fertigungsprozess, sie identifizieren Materialbestände und sie leiten die Nachbestellungen ein. Da mag man sich kaum ausmalen, was passiert, wenn sie manipuliert, kompromittiert, sabotiert werden.

Keine Frage: Eine der größten Herausforderungen vor die der digitale Transformationsprozess die deutsche Industrie stellt, ist die IT-Sicherheit. Digitale Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Datendiebstahl sind bereits heute Teil der unternehmerischen Realität – und sie werden es immer mehr: Jedes dritte Unternehmen fürchtet Angriffe über das Unternehmensnetzwerk. Jedes Vierte sorgt sich um unberechtigte Zugriffe auf IT-Ressourcen, DDoS-Attacken oder gezielte Sabotage – so der VDE Tec Report 2018.

Industrie 4.0 stellt künftig noch höhere Anforderungen an die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Systeme. Durch den Einsatz vollständig vernetzter Systeme und sogar autonomer Maschinen wird IT-Sicherheit zu einem erfolgskritischen Faktor. Die sensiblen Daten und die Prozesse der Wertschöpfung benötigen größtmöglichen Schutz: Angreifer könnten digitale Baupläne stehlen oder unbemerkt verändern, Produktionsanlagen aus der Ferne stoppen oder gar Roboter übernehmen. Selbst kleinste Störungen von hochgradig optimierten Abläufen und Just-in-Time-Produktionen können die gesamte Lieferkette und mehrere Unternehmen zugleich aus dem Takt bringen.

Je digitaler unsere Wirtschaft wird, desto verwundbarer wird sie auch – vernetzte Systeme sind immer angreifbar! Doch es kann nicht unser Anspruch sein, einen Mangel an Sicherheit zu verwalten, auf immer neue Cyberangriffe zu reagieren und Sicherheitslücken zu flicken. Nein, wir wollen den digitalen Transformationsprozess aktiv und sicher gestalten! Wir alle, die Industrie, die Verbände, die Wissenschaft, die öffentliche Verwaltung und die Politik. Wir müssen gemeinsam IT-Sicherheit als Chance begreifen – und ergreifen!

Meine Damen und Herren, die Digitalisierung ist keine Modeerscheinung, der man sich anschließen oder verweigern kann. Sie ist eine Zeitenwende. Heute werden die Karten neu gemischt. Heute entscheidet sich, wo die Wirtschaftszentren der digitalisierten Welt liegen werden. Heute entscheidet sich die zukünftige Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Analysten prognostizieren der Wirtschaft ein Umsatzplus von bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr und 20 Prozent Produktionssteigerungen durch Industrie 4.0. Und der Erfolg dieser Entwicklung steht und fällt mit der IT-Sicherheit.

Sicherheit in der Industrie 4.0 heißt aber nicht nur Schutz vor möglichen Hackerangriffen, Sabotage und Datendiebstahl, sondern auch Zuverlässigkeit und Resilienz. Sie bedeutet auch, dass ein Werkstück jederzeit den richtigen Weg durch die Fertigung findet und identifizierbar bleibt. Und dass die automatisierte Produktion jederzeit sichergestellt ist und auf Unvorhergesehenes intelligent reagiert.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz als Schlüsseltechnologie wird dabei zukünftig auch eine zentrale Rolle spielen. Große Datenmengen von tausenden von Sensoren werden bereits heute an verschiedenen Stellen in der gesamten Wertschöpfungskette erhoben. Durch künstliche Intelligenz können diese Informationen mit einander verknüpft, analysiert und ausgewertet werden. So können Ausfälle oder Ungenauigkeiten in der Fertigung erkannt und auf Ausnahmesituationen zügig und zielgerichtet reagiert werden. Auch Anomalien in den IT-Systemen können mit künstlicher Intelligenz erkannt werden und so die IT-Sicherheit erheblich verbessert werden.

Vielen Dank.