Wichtiger Erfolg auf dem Weg zu Quantenkommunikationsnetzwerken: Zweites QuNET-Schlüsselexperiment

Die vom Bundesforschungsministerium geförderte QuNET-Initiative vernetzt in der Metropolregion Berlin erstmals mehrere Nutzende gleichzeitig quantengesichert miteinander.

Büroglastür mit Schriftzug QuNET
Das Forschungsteam der Initiative QuNET hat mit seinem zweiten Schlüsselexperiment einen weiteren Meilenstein erreicht.© Fraunhofer HHI

Angesichts steigender Cyberbedrohungen ist Technologie für die hochsichere Kommunikation wichtiger denn je, besonders für kritische Infrastrukturen und die nationale Sicherheit. Quantenkommunikation ist eine Schlüsseltechnologie für die sichere Datenübertragung in der Zukunft. Aktuell findet in Berlin ein zukunftsweisendes Experiment der QuNET-Initiative statt. Es läuft noch bis Mitte Oktober und markiert einen wichtigen Meilenstein in der quantengesicherten Kommunikation. Forschende zeigen, wie zukünftig die hochsichere behördliche Kommunikation in einem komplexen Netzwerk mit mehreren Teilnehmenden gelingen kann. Dabei dient die Übertragung von beispielhaften Ausweisdaten zwischen verschiedenen simulierten Behörden sowie Bürgerinnen und Bürgern als Anwendungsfall für das aktuelle Schlüsselexperiment.

Kristian Döbrich, Toni Markurt (VDI/VDE-IT) und Daniel Behrendt (BMBF) im Austausch mit Marie-Theres Hahn (DLR-Institut für Kommunikation und Navigation) (v.l.n.r.). Im Vordergrund ist ein freistrahlbasiertes QKD-Übertragungssystem des DLR zu sehen.
Kristian Döbrich, Toni Markurt (VDI/VDE-IT) und Daniel Behrendt (BMBF) im Austausch mit Marie-Theres Hahn (DLR – Institut für Kommunikation und Navigation) (v.l.n.r.). Im Vordergrund ist ein freistrahlbasiertes QKD-Übertragungssystem des DLR zu sehen. © Fraunhofer HHI

Quantenkommunikationsnetzwerk in Berlin aufgebaut

Für die Versuchsreihen des Schlüsselexperiments haben die QuNET-Forschenden mit den neuesten Versionen ihrer quantenkryptographischen Systeme sechs Netzwerkknoten an Standorten des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts, der Deutschen Telekom sowie der Bundesdruckerei aufgebaut. Die Verbindungen zwischen den Knotenpunkten wurden je nach Anforderungen und technischen Rahmenbedingungen mittels unterschiedlicher Übertragungssysteme der QuNET-Partner realisiert. Dabei kamen verschiedene Sender- und Empfängermodule für den Quantenschlüsselaustausch (engl. Quantum Key Distribution, QKD) mit diskreten und kontinuierlichen Variablen, ein QKD-System für die Übertragung von höherdimensionalen Quantenzuständen sowie ein verschränkungsbasiertes QKD-System zum Einsatz. Diese Systeme beruhten zudem auf unterschiedlichen Ansätzen zur Kodierung der Quanteninformation (Polarisations-, Phasen- und Time-Bin-Kodierung). Das so realisierte Testbed bestand aus 125 Kilometern Glasfaserstrecke und zusätzlichen Freistrahlverbindungen.

Mithilfe eines Schlüsselverwaltungssystems (engl. Key Management System) wurden die einzelnen QKD-Verbindungen zwischen den sechs Knotenpunkten zu einem komplexen Netzwerk mit einer Stern-Topologie verbunden. Sowohl die heterogene Natur des Netzwerks, also das Zusammenspiel verschiedener Übertragungstechnologien, als auch die komplexe Topologie sind typische Charakteristika von realen Kommunikationsnetzwerken, insbesondere in einem urbanen Umfeld.
 

Forscher der QuNET-Initiative verdeutlichen anhand eines schematischen Schaubildes die Stern-Topologie des Netzwerks in Schlüsselexperiment 2.
Forscher der QuNET-Initiative verdeutlichen anhand eines schematischen Schaubildes die Stern-Topologie des Netzwerks in Schlüsselexperiment 2.© Fraunhofer HHI

Ein Schlüsselexperiment, neun Versuchsreihen

In ihrem Schlüsselexperiment, das insgesamt neun Versuchsreihen umfasst, untersuchen die Forschenden verschiedene Aspekte der quantengesicherten Kommunikation in einem komplexen Netzwerk mit Stern-Topologie. So werden bei den Versuchsreihen neben der Demonstration des Anwendungsfalls und der Evaluierung der Leistungsfähigkeit der entwickelten Systeme auch weitere Experimente durchgeführt. Dies umfasst beispielsweise Langzeitmessungen zur Erprobung der Robustheit und Stabilität der Übertragungssysteme, Untersuchungen zum sogenannten optischen Routing im Netzwerk, also zum Umleiten des Quantenkanals über alternative redundante optische Pfade im Netz, sowie Tests zu einem neu entwickelten QKD-Netzwerkmonitoring.

Menschengruppe hinter den Buchstaben HHi stehend. Anlässlich des QuNET-Schlüsselexperiments waren vor Ort: Forschende des gastgebenden Fraunhofer HHI, des Fraunhofer IOF, des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation, der FAU Erlangen-Nürnberg, des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts sowie Vertreter des Projektträgers und BMBF.
 Anlässlich des QuNET-Schlüsselexperiments waren vor Ort: Forschende des gastgebenden Fraunhofer HHI, des Fraunhofer IOF, des DLR – Institut für Kommunikation und Navigation, der FAU Erlangen-Nürnberg, des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts sowie Vertreter des Projektträgers und BMBF.© Fraunhofer HHI

QuNET will abhörsichere Kommunikationssysteme für die digitale Zukunft entwickeln

Die an QuNET beteiligten Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben intensiv für das aktuelle Schlüsselexperiment gearbeitet. Es knüpft an frühere Tests der QuNET-Initiative an, darunter eine quantengesicherte Videokonferenz zwischen dem BMBF und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in Bonn im Jahr 2021. Während vor drei Jahren noch eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen zwei Kommunikationsteilnehmenden demonstriert wurde, zeigt die Demonstration in Berlin jetzt, dass es möglich ist, die Behördenkommunikation in einem komplexen vermaschten Netzwerk in urbaner Umgebung mit einer Vielzahl an Nutzenden quantengesichert zu verschlüsseln. Dieser Fortschritt ist ein wichtiges Zwischenergebnis im Hinblick auf die ambitionierte Zielsetzung der QuNET-Initiative, die technologischen Grundlagen für ein zukünftiges Quantenkommunikationsnetz zu erforschen und mit Fokus auf die hochsichere behördliche Kommunikation das Zusammenspiel der entwickelten Lösungen in anwendungsnahen Szenarien zu demonstrieren.

Dank der Förderung durch das BMBF und der engen Zusammenarbeit mit Partnern aus Forschung und Industrie ist die QuNET-Initiative auf dem besten Weg, zentrale Lösungen für abhörsichere Kommunikationssysteme und eine umfassende IT-Sicherheit in einer zunehmend digitalisierten Welt zu entwickeln. Damit leistet die QuNET-Initiative einen wichtigen Beitrag dazu, die technologische Souveränität Deutschlands und Europas nachhaltig zu stärken.